Dieburger Str. 33 | 64823 Groß Umstadt

+49 (0)6078 - 3010240 mail@sieben-verlag.de

Silver, Mona

Ich könnte jetzt natürlich erzählen, dass ich 1972 in Aachen als jüngstes Kind einer Zahnfee und eines Wolfs geboren wurde. Weil ich als Nesthäkchen erst sehr spät in diese ungleiche Familie kam, waren die wilden Jahre bereits vorbei, in denen die Familien meiner Eltern kampfbereit gegen den aus Liebe erwählten Partner ihrer Kinder wetterten. Als ich das Licht der Welt erblickte, war bereits Frieden eingekehrt und die Familie war in Liebe und Respekt zusammengewachsen.

Eine Zahnfee zur Mutter zu haben, hatte viele Vorteile. Ich hatte nicht nur starke, gesunde Zähne, sondern wurde auch fair und liebevoll erzogen. Ein Wolf als Vater war zwar manchmal schwierig, da er zu Jähzorn und großer Freiheitsliebe neigte, aber seine Familie war ihm heilig. Er baute uns eine uneinnehmbare Festung am Fuße der Burg Veynau in der Eifel. Wann immer Gefahr drohte, verjagte er sie mit gefletschten Zähnen und wütendem Knurren. Immer unterstützt von seinem Erstgeborenen, meinem Bruder, der mehr Wolf als Zahnfee ist und seine eigene Familie mit gleicher Vehemenz verteidigt.

Ich schloss mich als Erwachsene den Hütern der Gerechtigkeit an und half mit meinen bescheidenen Mitteln, Menschen vor falschen Anschuldigen, ungerechtfertigten Forderungen und boshaften Angriffen zu beschützen. Ich machte mich dabei so gut, dass ich es bis in die Reihen der Reichsältesten schaffte, denen ich assistierte und diente. Gar sonderbare Wesen wandelten dort, von Rechtsverdrehern und Paragrafenrittern, bis hin zu scharfzüngigen Drachen und stolzen Schlachtrössern arbeiteten alle für die gleiche Sache. Selbst ein paar prähistorische Faultiere mit moosbewachsenem Fell fanden dort Beschäftigung.

Doch schon bald bemerkte ich, dass es auch jenseits der Grenzen unseres eigenen Reiches Unrecht, Falschheit und bösartige Kreaturen gab. Im Jahre 1997 stellte ich mich darum in den Dienst der Auslandsgelehrten und begab mich in ferne Länder. Ich pflanzte Zauberbäume in der alten Kaiserstadt Peking; wachte über die Stadt, die niemals schläft; beobachtete die heidnischen Bräuche der Baumhexen in Vilnius und und begab mich in das Reich eines Usurpatoren am östlichen Rande Europas. Zurzeit warte ich in der Hauptstadt unseres Reiches auf neue Entsendungen an ferne Orte.

Bereits in Peking stieß ein Wesen zu mir, das mir zur Seite steht und mit seiner Weisheit und Ausgeglichenheit in schwierigen Zeiten einen ruhigen Kopf behält. Sir James, ein weißer Kater. Nur ich weiß, dass Jimmy so viel mehr als eine Katze ist.

Verlorener Stern

Verlorener Stern

Facebook